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Filesharing-Klage wegen Verjährung abgewiesen

Erneut hat die Kanzlei Rudolph Rechtsanwälte ein klageabweisendes Urteil gegen die Abmahnkanzlei Baumgarten Brandt erstritten. Mit Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 28.05.2015 (Az. 27 C 421/15) wurde die Klage, vertreten durch die Rechtsanwälte Baumgarten Brandt, wegen Verjährung abgewiesen.

Der Aufwendungsersatzanspruch verjährt unstreitig in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Das Amtsgericht Nürnberg hat sich nun klar dahingehend positioniert, dass auch Schadensersatzansprüche aus Filesharing-Verstößen bereits nach drei Jahren und nicht erst nach zehn Jahren verjähren.

 

I. Verjährung

Von Verjährung spricht man, wenn ein Anspruch wegen Zeitablaufs nicht mehr durchsetzbar ist. Ist ein Anspruch verjährt, kann dieser nicht mehr geltend gemacht werden. Das bedeutet, dass die Forderung nicht mehr vor Gericht eingeklagt werden kann. Die Verjährung einer Forderung wird jedoch nicht von Amts wegen berücksichtigt. Das heißt, dass Gericht darf eine Klage wegen Verjährung nur abweisen, wenn der Beklagte zuvor auf die Verjährung hingewiesen hat, sogenannte Einrede der Verjährung.

Im Zusammenhang mit Filesharing-Klagen werden zwei unterschiedliche Zahlungsansprüche eingeklagt:

Ein Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, der der Klägerseite durch die Inanspruchnahme eines Anwalts für die Abmahnung entstanden ist.

Zum anderen ein Schadensersatzanspruch, der sich auf die unberechtigte Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Werkes bezieht und dessen Höhe sich an der sogenannten Lizenzanalogie orientiert.

In der Rechtsprechung ist umstritten, ob auch der Schadensersatzanspruch in drei Jahren verjährt oder einer zehnjährigen Verjährungsfrist unterliegt.

 

II. Abmahnung wegen Filesharing

Ein Mandant der Kanzlei Rudolph Rechtsanwälte wurde mit Schreiben vom 10.02.2010 durch die Abmahnkanzlei Baumgarten Brandt wegen Filesharing abgemahnt. Die angebliche Urheberrechtsverletzung lag im November 2009.

Der Mandant gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, verweigerte jedoch die Zahlung von Schadens- und Aufwendungsersatz.

Im Dezember 2013 erreichte den Mandanten in der Sache kurz vor Ablauf der dreijährigen Verjährung ein Mahnbescheid, gegen den er Widerspruch einlegte.

Die Klägerin legte daraufhin Klage zum Amtsgericht Nürnberg auf Zahlung von 955,60 Euro für Schadens- und Aufwendungsersatz ein.

 

II. Verfahren vor dem Amtsgericht Nürnberg

Die Rechtsanwälte der Kanzlei Rudolph Rechtsanwälte erhoben im schriftlichen Vorverfahren die Einrede der Verjährung.

Zwar war der Mahnbescheid rechtzeitig beantragt worden, um die Verjährung zu hemmen. Die Verjährung kann bis zu sechs Monate gehemmt werden. Im hiesigen Fall kam es jedoch zum Stillstand des Verfahrens.

Nach Eingang des Widerspruchs gegen den Mahnbescheid seitens des Beklagten forderte das Gericht die Klägerseite am 11.12.2013 zur Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses auf. Die Klagepartei betrieb das Verfahren vorerst nicht weiter. Erst am 15.07.2014 war die Einzahlung der Gerichtskosten bei der Gerichtskasse verbucht.

Das war zu spät. Die dreijährige Verjährung war bereits eingetreten und konnte nicht erneut gehemmt werden.

 

1. Dreijährige oder zehnjährige Verjährung

Der Aufwendungsersatzanspruch der Klägerseite unterliegt unumstritten der dreijährigen Verjährungsfrist und war somit nicht mehr durchsetzbar.

In Bezug auf den lizenzanalogen Schadensersatz hatte das Amtsgericht Nürnberg zu entscheiden, ob die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren oder die zehnjährige Verjährungsfrist nach § 102 S. 2 UrhG i.V.m. § 852 S. 2 BGB zur Anwendung kommt.

Die Gesetzeslage ist nicht eindeutig.

Gemäß § 102 S. 2 UrhG i.V.m. § 852 S. 2 BGB unterliegen diejenigen Ansprüche einer längeren Verjährung, die auf die Herausgabe des deliktisch Erlangten zielen.

Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschriften ist, dass der Schädiger tatsächlich etwas erlangt hat. Dies kann die ersparte Lizenzgebühr sein, wenn die Wahrnehmung des Urheberrechts typischerweise nur gegen eine Lizenzgebühr eingeräumt wird („Bochumer Weihnachtsmarkt“, vgl. BGH, Urteil vom 27.10.2011, Az. 1 ZR 175/10).

Diese Rechtsprechung ist jedoch nicht auf Filesharing-Fälle übertragbar. Filesharing-Fälle zeichnen sich dadurch aus, dass es gerade keine Möglichkeit gibt, einen entsprechenden Lizenzvertrag abzuschließen. Es kann überhaupt keine Lizenzgebühr für einen möglichen Lizenzvertrag erspart werden.

Ein bewusster Eingriff in den Zuweisungsgehalt der von der Klägerin wahrgenommenen Rechte liegt auch nicht vor, da es Nutzern von Tauschbörsen in erster Linie darauf ankommt, die fragliche Datei zum eigenen Gebrauch für sich herunterzuladen und zu nutzen. Es geht den Nutzern nicht um die darüber hinausgehende Nutzung oder Verbreitung. Damit hat sich der Beklagte gerade keine Lizenzgebühr für einen möglichen Lizenzvertrag erspart.

Die Anwendung der Sonder-Vorschrift des § 102 S. 2 UrhG i.V.m. § 852 S. 2 BGB ist ausgeschlossen. Es gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren.

 

2. Entscheidung des Amtsgerichts Nürnberg

Vor dem Amtsgericht Nürnberg erstritt die Kanzlei Rudolph Rechtsanwälte eine klare Entscheidung: Das Gericht geht von einer dreijährigen Verjährung aus.

 

a. Vergleich mit dem Bochumer Weihnachtsmarkt:

Ausgangspunkt für das Urteil ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Fall „Bochumer Weihnachtsmarkt“.

Der BGH hat in seinem Urteil vom 27.10.2011 (Az. I ZR 175/10) festgelegt, dass bei Straßenfesten mit Musikaufführungen GEMA-Gebühren zu zahlen sind.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Veranstalter des Bochumer Weihnachtsmarktes sowie weiterer Veranstaltungen in Bochum („Gerther Sommer“ und „Bochumer Westerntage“) hatte anlässlich der Straßenfeste ohne Berechtigung Musik aus dem Repertoire der Verwertungsgesellschaft GEMA öffentlich wiedergegeben.

Dagegen wendete sich die Klage der GEMA. Der Veranstalter sollte auf eine Vergütung in Höhe von 41.404,54 Euro in Anspruch genommen werden.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Veranstalter nicht über ein Nutzungsrecht zur Wiedergabe der Musiktitel verfügte. Die Höhe des Schadensersatzes richtet sich nach der fiktiven Lizenz, die angefallen wäre, wenn die GEMA dem Veranstalter die Nutzung erlaubt hätte.

 

b. Unterschied zu Filesharing-Fällen

Nach den Ausführungen des Amtsgerichts Nürnberg besteht der entscheidende Unterschied darin, dass im Falle des „Bochumer Weihnachtsmarktes“ die tatsächliche Möglichkeit bestand, dass der Veranstalter entsprechende Lizenzen nehmen und an die GEMA eine Lizenzgebühr hätte zahlen können.

Im Bereich des Filesharings geht es um die Möglichkeit des Uploads von Musiktiteln oder Filmwerken an einen unbestimmten Personenkreis. Eine Lizenzierungs-Praxis besteht für solche Fälle gerade nicht. Der Beklagte hätte im vorliegenden Filesharing-Fall gar keine Lizenz abschließen können.

In Fileshring-Fällen kommt es dem Downloader vorwiegend darauf an, den Film oder das Musikstück runterzuladen und selbst anzusehen bzw. anzuhören. Das aufgrund der Einstellungen des Tauschbörsen-Programms gleichzeitig ein Upload an einen unbestimmten Personenkreis stattfindet, stellt lediglich einen Nebenerfolg dar, der vom Downloader zwar in Kauf genommen wird, jedoch nicht unbedingt beabsichtigt ist.

Anders verhält es sich im Fall des Bochumer Weihnachtsmarktes, in dem die Musikbeschallung einer größeren Anzahl von Personen gerade beabsichtigt war.

Aufgrund dieser grundlegenden Unterschiede zwischen Filesharing und dem Bochumer Weihnachtsmarkt-Fall kann die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht auf Filesharing-Fälle übertragen werden.

Das Amtsgericht Nürnberg geht richtigerweise davon aus, dass im hiesigen Filesharing-Verfahren keine Lizenzgebühr erspart wurde, die ansonsten ein typischer Schaden im Bereicherungsrecht darstellen würde. Es mangelt mithin an der Voraussetzung für die Anwendung von § 852 S. 2 BGB, wonach der Schädiger tatsächlich etwas erlangt haben muss.

Das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg ist noch nicht rechtskräftig.

 

Fazit:

Das Amtsgericht Nürnberg schließt sich mit dieser Ansicht der im Vormarsch befindlichen Rechtsprechung vieler deutscher Amtsgerichte an. (vgl. dazu AG Hannover, Urteil vom 09.01.2015, Az. 424 C 7759/14; AG Düsseldorf, Urteil vom 24.07.2014, Az. 57 C 15659/13; LG Köln, Urteil vom 25.04.2013, Az. 14 O 500/12; AG Bielefeld, Urteil vom 06.03.2014, Az. 42 C 368/13).

Es lohnt sich durchaus, sich gegen gerichtliche Klagen von Abmahnanwälten zur Wehr zu setzen.

Werden außergerichtlich Forderungen geltend gemacht, die bereits verjährt sind, ist in Zukunft auch an eine negative Feststellungsklage zu denken. Dabei erhebt der Abgemahnte selbst eine Klage zum Gericht, mit dem Antrag, festzustellen, dass die behaupteten Ansprüche nicht bestehen.

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